Wann und wie man ein Pseudonym verwendet



Wie verhält man sich, wenn man unter einem Pseudonym schreiben möchte? Gibt es da - seitens des Gesetzes - irgendwelche Regeln die man beachten muss?

Man tut es einfach. Man schreibt auf sein Werk vorne drauf "Roman von Pseudo Nümm", und schon schreibt man unter Pseudonym. Dann sagt man sicherheitshalber seinem Agenten oder Verlag, daß man unter diesem Namen auftreten will, und die sagen dann, okay, kein Problem.

Denn die Verwendung von Pseudonymen ist häufiger, als man denkt. Große Namen der Weltliteratur - Anna Seghers, Novalis, Klabund, Jean Paul, Hans Fallada, Paul Celan, Stefan Heym, Truman Capote, Lewis Carroll, Joseph Conrad, Maxim Gorki, Jack London, Pablo Neruda, George Orwell, Françoise Sagan, George Sand, Oscar Wilde, Jean Amery - oder der Unterhaltungsliteratur - Heinz G. Konsalik, Utta Danella, Hans Habe, Rebecca Gablé, Karl May... ALLES PSEUDONYME!!!

Und warum? Weil diesen Autoren ihre Geburtsnamen nicht geeignet erschienen. Zu unaussprechlich. Zu fade. Zu sonst irgendwas. Eben einfach nicht MARKANT genug. Denn darum geht es: Der Name, unter dem man als Autor in Erscheinung tritt, ist ein Markenname, ähnlich wie "Coca Cola", "Mercedes-Benz" oder "McDonalds".

Es darf natürlich nicht in Täuschungsabsicht geschehen. Das heißt, Sie dürfen sich kein Pseudonym wählen, das zu Verwechslungen mit berühmten Namen Anlaß gibt - das wäre unlauterer Wettbewerb, vermute ich mal. Sie nennen sich also besser nicht Umberta Eco oder Stephanie King.

Wenn Sie übrigens unter einem angenommenen Namen bzw. Pseudonym veröffentlichen, können Sie sich diesen Namen in den Personalausweis eintragen lassen. Einfach mit einem Ihrer Bücher - das idealerweise ein Foto von Ihnen zeigen sollte - aufs Einwohnermeldeamt gehen. Es sei kein Problem, habe ich gehört.


Halten Sie es für unsinnig unter einem anderen als dem eigenen Namen zu schreiben, es sei denn als Ghostwriter für einen bekannten Namen?

Man muß aus dem eigenen Namen kein Heiligtum konstruieren. Wenn man mit einem Namen geschlagen ist, der sich auf einem Buchdeckel nicht gut macht, sei es, weil er seltsame Assoziationen erzeugt, sei es, weil er zu blaß ist, zu unauffällig oder was immer - dann kann man schon über einen Künstlernamen nachdenken. Ein gewisser Heinz Günther etwa war seinerzeit sicher gut beraten, sich den Mädchennamen seiner Mutter als Pseudonym zuzulegen. Der lautete übrigens Konsalik. Bleibt deutlich besser haften, oder?


Haben Sie mal daran gedacht, sich ein englisches Pseudonym zuzulegen?

Nein. Kann ich auch nicht empfehlen, damit kriegen Sie nur Schwierigkeiten. Weil, wenn Ihr Buch herauskommt, müssen Sie womöglich auf Lesereise gehen, und dann??


Entgegen den Wünschen vieler Autoren würde ich gerne einen Künstlernamen benutzen und sozusagen anonym bleiben um mir möglichen Rummel zu ersparen. Ich lege keinen Wert darauf in der Öffentlichkeit zu stehen und bekannt zu sein, was jedoch nicht für Bücher gelten muss.

Also, das mit dem Rummel darf man sich nicht so vorstellen wie bei einem Big Brother-Container-Bewohner oder Deutschland-sucht-den-Superdepp-Teilnehmer. Ich bin ja nun kein ganz unbekannter Autor, aber ich bin noch nie auf der Straße erkannt worden, die Frau an der Supermarktkasse weiß nicht, wer ich bin, grade mal, daß die Nachbarn im Haus nach und nach spitz gekriegt haben, daß ich nicht deswegen die ganze Zeit zuhause bin, weil ich arbeitslos wäre. Und es zwingt einen ja niemand, auf Lesereisen zu gehen, Interviews zu geben, im Fernsehen aufzutreten und so weiter; also, wenn ich wollte, könnte ich durchaus noch heimlicher tun.


Aus diesem Grund meine Frage: Kann man ein Manuskript auch unter einem Pseudonym veröffentlichen lassen?

Grundsätzlich ja. Es wird auch häufig gemacht. Aber es gibt zwei verschiedene Motive, Pseudonyme zu verwenden. Das erste ist, daß der eigene Name ungeeignet ist als Autorenname - sei es, weil er zu unauffällig ist, zu Verwechslungen Anlaß gibt oder dergleichen.

Das zweite Motiv ist, daß sich der Autor verstecken will. Das allerdings funktioniert meinen Beobachtungen nach fast nie. Es ist zwar seltsam, aber ein Leser will immer etwas über den Autor eines Buches wissen. Wenn es da nichts zu erfahren gibt, weil einem ein gesichtsloser Anonymus entgegentritt, dann geht meist auch das Buch unter. Es gibt Gegenbeispiele - der bekannteste Autor, der wirklich unbekannt geblieben ist, ist B. Traven, von dem u.a. der Roman "Der Schatz der Sierra Madre" stammt -, aber wenige.



Wenn man ein Pseudonym benutzen möchte, kann man den Verlag rechtsbindend dazu verpflichten den wirklichen Namen eines Autors geheimzuhalten?

Da müßten Sie einen Rechtsanwalt fragen; das weiß ich nicht, ob man das bindend verlangen kann. Meine Agentur verpflichtet sich in ihren Verträgen, Autorenpseudonyme zu schützen, wenn der Autor dies wünscht; das heißt, der Verlag erfährt gar nicht, wer sich hinter einem Pseudonym verbirgt - sicher die eleganteste und sicherste Lösung.


Wie reagieren Verlage auf Wünsche bezüglich Künstlernamen, Anonymität etc.? Gestaltet sich das Finden eines Verlages dadurch schwieriger?

Nein, wieso? Sie können doch von Anfang an unter Ihrem Pseudonym auftreten, das Manuskript damit kennzeichnen usw. und erst, wenn es an die Vertragsunterzeichnung geht, sagen, "ach übrigens, eigentlich heiße ich nicht Stefan König". Das gibt keine Probleme. Entweder dem Verlag gefällt Ihr Buch, oder es gefällt ihm nicht. Der Name des Autors ist erst mal wurscht. Und da Sie ein Pseudonym ja sicher so wählen würden, daß es sich auf einem Buchumschlag gut macht, unverwechselbar ist (was Namen wie "Maier", "Schmidt" oder so ja nun weiß Gott nicht ist) und so weiter, wäre das ja sogar von Vorteil. 



Wenn man in anderen "Branchen" bereits unter einem solchen Namen bekannt ist, wäre dann die Beibehaltung des Künstlernamens ratsam? Oder überhaupt machbar?

Machbar sicherlich, ratsam? Nun, wenn damit zu rechnen ist, dass die Fans zugreifen, sicherlich. Sollte Sting anfangen, Krimis zu schreiben, würde er dies wahrscheinlich ebenfalls unter seinem Künstlernamen tun, und auch Bob Dylan hat sein Buch nicht unter "Robert Zimmerman" veröffentlicht.


Ist es rechtlich problematisch, ein Pseudonym zu verwenden?

Nein, es gibt meines Wissens sogar das Recht, darauf zu bestehen, mit einem gewählten Künstlernamen angesprochen zu werden. Wenn z.B. eine Zeitschrift ein Interview mit Sting veröffentlicht und ihn darin hartnäckig als Mr. Gordon Sumner bezeichnet, dann könnte er sie verklagen.

Man kann einen Künstlernamen sogar im Personalausweis eintragen lassen. Schauen Sie mal auf die Rückseite Ihres Ausweises - es gibt eine eigene Rubrik dafür. Danach darf man sogar Verträge mit diesem Namen unterzeichnen, soweit ich weiß, und muß seinen "richtigen" Namen nur noch in ganz begrenzten Ausnahmefällen verwenden - beim Heiraten, gegenüber der Polizei, dem Meldeamt usw.


Macht es Sinn sich einen amerikanischen Künstlernamen anzunehmen?

Das wird immer wieder versucht, aber mir fällt jetzt auf Anhieb kein Fall ein, in dem es funktioniert hätte. Sagen wir es mal so: Arnold Schwarzenegger hat auch seinen Namen behalten - und durchgesetzt -, obwohl zu seiner Zeit die großen Bodybuilder alles Amerikaner waren und er jede Menge Gründe gehabt hätte, unter einem amerikanisch klingenden Pseudonym aufzutreten. Zumal "Schwoazeneggar" sich ja auch nicht unbedingt gut aussprechen läßt für die amerikanische Zunge. Und das Ergebnis? Heute denkt alle Welt, die Österreicher hätten das Bodybuilding erfunden.

Übertragen auf die Situation der deutschen Autoren heißt das, daß sich ja nie was ändern wird, wenn man nicht mal dagegenhält.


Haben Sie je erwogen, unter einem Pseudonym zu schreiben?

Nein. Ich fand immer, mein Name passe gut auf Romane. 




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