Wie man mit Schreiben anfängt



Wenn Sie erst überlegen müssen, ob Sie mit dem Schreiben anfangen sollen, dann lassen Sie's. Das Schreiben, von dem hier die Rede ist, ist eine Berufung, und die kann man sich nicht aussuchen - sie ist es, die sich einen aussucht.

Eigentlich müßte diese Überschrift also lauten: "Wenn Sie schon eine ganze Weile angefangen haben zu schreiben, weil es Sie dazu drängt, und Sie verzweifelt wissen möchten, wie Sie weitermachen sollen, damit das, was Sie schreiben, eines Tages auch etwas taugt." Das war mir bloß zu lang.



Ich bin 17 und möchte schreiben. Sicher würde es meinem Selbstvertrauen gut tun, wenn Sie mir antworten.

Nun gut, ich erinnere mich, daß man mit 17 mancherlei seltsame Dinge denkt. Also: Ich glaube nicht, daß meine Antwort irgendeinen Einfluß auf Dein Selbstvertrauen haben kann. Eigentlich hat meine Antwort, wenn Du es recht überlegst, überhaupt nichts mit Dir zu tun. Ich könnte ja ein blöder Arsch sein, der grundsätzlich keine Mails von 17jährigen beantwortet. Wäre doch ausgesprochen dumm, wenn Dein Selbstvertrauen darunter leiden sollte, daß jemand anderer, den Du noch nie im Leben getroffen hast, ein blöder Arsch ist, oder?


Das Hauptproblem liegt glaube ich fuer die meisten darin, in den Anfangsphasen den richtigen "Input" zu bekommen.

Ja. Und eines der größten Hindernisse, das unseren (Land der Dichter und Denker) Köpfen schwebt, ist der Geniemythos. Daß, sozusagen, Goethe nicht aufs Klo mußte, weil er so erhabene Verse schreiben konnte. 
Das Wichtigste für einen Schriftsteller ist Durchhaltevermögen, Ausdauer. Das ist für ihn dasselbe wie Kondition für einen Tennisspieler. Boris Becker könnte geschickt am Ball und stark im Aufschlag sein wie nur was, wenn er nicht die Kondition gehabt hätte, fünf Stunden auf einen glutheißen Platz durchzuhalten, hätte er es zu nichts gebracht. Kondition allein nützt natürlich auch nichts, aber Talent ohne Kondition ist jedenfalls nutzlos. 
Und fürs Schreiben braucht man eben Ausdauer. Es dauert einfach, bis man 300 Seiten oder wieviel auch immer getippt hat, da führt kein Weg dran vorbei. 


Aber was wissen wir über Kondition? Sie ist eine Frage des Trainings.


Und für Ausdauer gilt dasselbe.


Stagnation oder Selbstzweifel ist glaube ich das Hauptproblem, mit dem alle Anfänger zu kämpfen haben.

Vor allem Selbstzweifel, ja. Damit kann man buchstäblich Jahrzehnte verschwenden. Und wenn man nicht schreibt, dranbleibt und viel, viel schreibt, wird man nicht besser. Insbesondere wird man nicht besser durch Herumsitzen und Nachdenken darüber, ob man gut genug ist.


Tatsache ist (und ich wünschte, mir hätte das jemand gesagt, als ich 18 war), daß man nicht der beste Schreiber der Welt sein muß, um gedruckt zu werden - und auch von Lesern gemocht zu werden! Was soll's, ich habe immer gern Perry Rhodan gelesen, obwohl noch kein einziges Heft von Marcel Reich-Ranitzki lobend (oder überhaupt) erwähnt wurde. Man muß nicht in irgendeiner Weise "fertig" entwickelt sein - denn das ist man nie. Es geht immer noch besser, als man es bisher geschafft hat. Das Lernen hört nie auf, aber das heißt nicht, daß man inzwischen nicht schon mit dem Veröffentlichen anfangen dürfte!


Auf jeden Fall freue ich mich, daß Sie sich auf Ihren Seiten so intensiv mit der Schreiberei (und dem Handwerk) auseinandersetzen. Als Leser hatte man ja immer das Gefühl, Autoren KÖNNEN eben schreiben.

Ja, stimmt. Es ist auch so, daß es beim Schreiben etwas gibt, das man entweder hat oder nicht. Aber das allein reicht nicht. Auch ein Diamant ist erst schön, wenn er geschliffen wurde.


Kann ich in meinem Alter noch schreiben lernen?

Das Schreibenkönnen hat sicher mit dem Alter an sich nichts zu tun - beliebte Beispiele sind hier die Bäuerin Ana Wimschneider ("Herbstmilch") oder Theodor Fontane, der seine ersten Romane mit 60 schrieb. Andererseits weiß jeder, daß man nicht alles lernen kann, was man möchte, weil für manche Dinge gewisse Voraussetzungen nötig sind. Man nennt das für gewöhnlich "Talent" und meint damit so unterschiedliche Dinge wie das Ballgefühl eines Fußballers oder die Musikalität eines Klavierspielers. Die Frage ist also vermutlich im Grunde die: "Habe ich Talent?" Der Zusammenhang mit dem Alter entsteht nämlich dadurch, daß man mit einiger Berechtigung davon ausgeht, daß sich bis zu einem gewissen Alter alle Talente, die in einem schlummern, in irgendeiner Form gezeigt haben. 


Nun sagen schlechte Noten in Deutsch über Talent allerdings rein überhaupt nichts aus. Wie der schulische Deutschunterricht überhaupt eher Gift für heranwachsende Schriftsteller ist. (Gilt übrigens auch für das Literaturstudium.) 


Zumindest wie Sie Briefe schreiben liest sich nicht so, als schriebe da jemand, der gewissermaßen "unmusikalisch mit Wörtern" ist. Also, geben Sie nicht auf. Wenn mich nicht alles täuscht, hat Jack London auch mit 29 erst angefangen zu schreiben. (Lesen Sie sein "Michael Eden", wenn Sie es in irgendeiner Bücherei auftreiben - es ist quasi seine Autobiographie und sehr interessant.) Auch daß Sie sich überhaupt ans Schreiben gemacht haben und vor allem, daß Sie merken, daß Ihnen etwas daran nicht gefällt, ist ein gutes Zeichen. (Was glauben Sie, wie sich meine ersten Romane lesen? Wie es da von Figuren wimmelt, die flacher als Blattgold sind und Dialoge absondern, gegen die "Gute Zeiten Schlechte Zeiten" geradezu wie Shakespeare klingt?) 


Goethe sagte einmal sinngemäß, daß sich Begabungen zunächst in Form von Neigungen äußern. Wenn einer das Bedürfnis hat zu schreiben, gut schreiben zu können, dann schlummert darin auch eine Begabung. Begabung heißt nicht immer, daß man etwas das erste Mal versucht und gleich kann. Die Fähigkeit, gutes und schlechtes zu erkennen, auch wenn man das Gute noch nicht zu produzieren imstande ist, ist für den Anfang wesentlich wichtiger! Denn wirklich aussichtslos ist es nur dann, wenn einer einen grottenschlechten Text schreibt, ihn aber für nobelpreisverdächtig hält (nach dem Motto "das Schnitzel mag ja verbrannt sein, aber ICH habe es zubereitet!").

Das Wichtigste ist, daß es einem SPASS macht, zu schreiben. Wenn es einem nachher nicht gefällt - nun gut, das ist eine andere Sache, von der man sich jedenfalls nicht abhalten lassen sollte, weiterzumachen. Aber solange einem das Schreiben SPASS macht (wohlgemerkt: das Schreiben an sich), schreibt man weiter, und wenn man immer weiter schreibt, kann man es GAR NICHT VERHINDERN, immer besser zu werden!

So. Nun zu meinen Empfehlungen, was Sie tun sollten:

Man lernt schreiben nur auf eine Weise: indem man schreibt. Also schreiben Sie, geben Sie sich ein paar Jahre Zeit, und Sie werden unweigerlich besser werden. Wichtig zu wissen: dieses Besserwerden verläuft nicht kontinuierlich, sondern in Sprüngen: etwa alle hunderttausend Worte gibt es einen Quantensprung, und man schreibt plötzlich ein merkliches Stück besser. (Ein Roman hat etwa 50.000 Worte.)

Schreiben Sie also ein paar Romane, oder was immer Sie schreiben möchten. Gehen Sie nicht gleich davon aus, daß das, was Sie schreiben, gedruckt werden wird oder gar MUSS; schreiben Sie um des Spaßes am Schreiben. (Einen Roman zu veröffentlichen kostet einen Verlag etwa 50.000 DM. Schicken Sie ein Manuskript erst dann los, wenn Sie der ehrlichen Auffassung sind, daß es das wert ist.)

ABER das heißt nicht, daß Sie für die Schublade schreiben sollen - im Gegenteil! Die wichtigste Empfehlung ist, sich so früh wie möglich ein Publikum zu suchen. Am besten Freunde, die gern lesen und bei denen Sie sicher sein können, daß sie Ihnen kein negatives Zeug überbraten wie "Du und schreiben? Ich lach' mich tot!" oder was der "erbaulichen" Abmunterungen mehr sind.

Es kommt darauf an, daß Sie erfahren, wo man Ihren Roman spannend fand und wo langweilig, wo man etwas nicht verstanden hat usw. Es kommt nicht darauf an, daß Ihnen Ihre "Testleser" Ratschläge geben - das ist ganz unnötig. Der wichtigste Effekt, den auch das kleinste Publikum auf einen hat, ist, daß man seine eigenen Texte ganz anders wahrnimmt dadurch, daß man weiß, daß jemand anders sie lesen wird. Und diese Art der Wahrnehmung ist es, auf die es ankommt.

Schreiben lernen muß man selber. Aber es gibt etliche gute Bücher zu diesem Thema. Das mit Abstand hilfreichste Buch, das mir je begegnet ist, ist das Buch "Garantiert schreiben lernen" von Gabriele L. Rico aus dem Rowohlt Verlag. Es fiel mir erst vor 3 Jahren in die Hände, brachte aber selbst mich, der ich nun auf 25 Jahre Schreiben zurückblicken kann, noch einmal ein gutes Stück weiter.

Die Hauptsache ist, etwas zu tun. In Bewegung zu bleiben. Zu schreiben. Schreiben ist ein einsames, langwieriges Geschäft, auch das muß man aushalten können. Und den oben beschriebenen Weg einzuschlagen schafft auf jeden Fall Klarheit - und sei es, daß Sie feststellen, daß Ihr Drang zu schreiben vielleicht doch nicht so groß ist, wie Sie dachten. Auch das kann sein, und dann muß man sich, auch wenn es schwer fällt, dieser Wahrheit stellen (mir erging es einmal so mit dem Gitarrespielen). Für diesen Fall möchte ich noch einen Ratschlag des französischen Bestsellerautors George Simenon erwähnen, der jedem jungen Autor zu sagen pflegte: "Finden Sie heraus, ob Sie das Schreiben SEIN LASSEN können. Wenn ja, dann tun Sie etwas anderes. Sie werden glücklicher werden." 


Das sollte Sie nun nicht entmutigen. Schreiben Sie drauflos, beharrlich und furchtlos, und finden Sie die Wahrheit heraus.


Im Grunde will ich jetzt nur, dass Sie mir schreiben: Idiot! Schreib einfach! oder so was ähnliches... Aber ganz so einfach ist es vielleicht doch nicht?

So einfach ist es nicht. Das kann ich Ihnen nämlich nicht sagen, das müssen Sie selber herausfinden. Manchmal stellt man auch fest: das ist es doch nicht. Ich dachte, es wäre mein Traum, aber dann habe ich gemerkt, daß das nicht stimmt.

Man muß dazu allerdings ANFANGEN. Davon träumen kann man sein Leben lang - und, Junge, ich glaube, DAS tut weh am Ende: zu merken, ich habe es NICHT MAL VERSUCHT! 


Also versuchen Sie es - mit der Energie, die Sie aufbringen würden, wenn Sie wüßten, Sie haben nur noch ein Jahr zu leben. (Wer weiß...?!) Dann merken Sie, ob Sie richtig sind oder nicht. 


Es ist keine Schande, sich von einem Traum zu verabschieden. Nicht einmal von dem Traum, Schriftsteller zu sein. Wenn es eine Illusion war, ist man danach der Wahrheit auf jeden Fall ein Stück näher.


Ich bin 17 und möchte unbedingt schreiben. Richtig schreiben. Gedanken, Ideen und Emotionen in Worte kleiden, das ein dritter sie lesen kann. Man könnte sagen ich möchte mich mitteilen. Ich begann also mit einer kleinen Autobiographie, merkte aber schnell, das mein Stil fortwärend wechselte und meine ganze Erzählung so, an, wie soll ich sagen, das Fundament fehlte. Kennen Sie diese Situation? Erinnern Sie sich beim schreiben, das Sie diesen oder jenen Schreibstil umsetzen wollen oder kann sich derselbe je nach Laune ändern? Haben Bücher die Sie gerade lesen auf Ihre Arbeit Einfluß?

Der Reihe nach: 


Ich möchte unbedingt schreiben. Richtig schreiben.

Schön. Kein Problem. Alles, was Du tun mußt, ist, es zu tun. 


Gedanken, Ideen und Emotionen in Worte kleiden, das ein dritter sie lesen kann. Man könnte sagen ich möchte mich mitteilen.

Der letzte Satz war jetzt der schlechteste. Das war Psycho/Beamtendeutsch. "Mitteilen"??!!? Wenn man was mitteilen will, ruft man an und teilt es mit. Punkt. Schreiben tut man, um andere Leute in die eigenen Träume hineinzuziehen. Um sie an den eigenen Erlebnissen teilnehmen zu lassen. Um sie von (vermeintlich) wichtigeren Tätigkeiten abzuhalten. 


Ich begann also mit einer kleinen Autobiographie,

Nun gut, Du kannst natürlich schreiben, was Du willst. Und für den Anfang mag das eine gute Übung sein, weil man zumindest nicht überlegen muß, was die handelnden Figuren als nächstes tun werden. Ich will aber trotzdem hierzu ein bißchen Senf geben.

Es gibt ein sehr wahres Statement von, ich glaube, J. Michael Straczynski, der sagt: "Jeder trägt eine Geschichte in sich, die niemanden interessiert - und das ist seine eigene." Wenn Du andere Menschen erreichen willst, mußt Du Geschichten erfinden. Beachte das letzte Wort: "erfinden"! Stil usw. ist auch wichtig, aber daß man Handlung erfindet, gehört nun einmal zum Berufsbild dazu. Man kann nicht früh genug damit anfangen, das zu üben. Die eigene Geschichte und ihre Probleme verarbeitet man dagegen am besten in einem Tagebuch. Das aber geht niemand anderen etwas an. Darin redet man nur zu sich selbst.

"Erfinden" heißt durchaus, eigene Erlebnisse zu Geschichten zu verwursten. Urlaub in Italien gemacht, tolle Zeit gehabt - völlig OK, das zu einer Story zu verwursten. Schlimme Kindheit - gute Idee, einen Roman darüber zu machen. Nur kann das bedeuten, daß die Geschichte dann anders läuft als in Wirklichkeit. Erzählte Geschichten haben eigene Gesetze, und das Argument "aber in Wirklichkeit war es so" zählt nichts. Null. Nada. Niente.

Es gibt aber auch Leute, die nichts erfinden mögen, sondern lieber Ereignisse erzählen, die sich tatsächlich zugetragen haben und auch genau SO, WIE sie sich zugetragen haben. Das ist dann nicht die Art Schriftstellerei, die ich betreibe, sondern Journalismus im weitesten Sinne. Ist auch OK. Die beiden Gebiete verhalten sich zueinander wie Spielfilm zu Dokumentarfilm. Man muß sich nur darüber im klaren sein, was man will.

Und auf die Frage, WAS man am besten schreiben soll, gibt es nur eine Antwort: Sachen in der Art, wie man sie selber, zum eigenen Vergnügen, am liebsten liest.

merkte aber schnell, das mein Stil fortwärend wechselte und meine ganze Erzählung so, an, wie soll ich sagen, das Fundament fehlte.

Stil hat relativ wenig mit dem Fundament einer Erzählung zu tun. Das Fundament einer Erzählung besteht aus Handlung, Figuren und Schauplätzen. 


Erinnern Sie sich beim schreiben, das Sie diesen oder jenen Schreibstil umsetzen wollen oder kann sich derselbe je nach Laune ändern?

Ja, das ging mir am Anfang auch so. Das ist auch nicht weiter schlimm. Man findet nur zu einem eigenen Stil, indem man erst mal Dutzende anderer Stile imitiert. Durch das Imitieren lernt man einen Stil besser kennen als durch Lesen allein. Und Neues entsteht nun mal nicht aus der Unkenntnis des Vorhandenen. Was tun? Einfach weiter schreiben.


ich hab seid ich denken kann den kopf voller ideen und geschichten. hab sie mich leider bis jetzt nicht, oder wenig getraut sie aufzuschreiben, denn ich hab immer das gefühl alle anderen schreiben besser als ich. wenn ich mit einer geschichte anfange, lege ich sie oft nach den ersten sätzen schon wieder bei seite, denn ich hab das gefühl, daß mir die sprachliche form irgendwie fehlt.

Ich kann diesem Gefühl nicht widersprechen. Aber die sprachliche Form zu beherrschen und etwas zu erzählen zu haben sind zweierlei Dinge. Die Beherrschung der Sprache kann man erlernen, die "Geschichten im Kopf" sind einem gegeben oder nicht. Ohne die Ideen, die einem zufließen, ist es aussichtslos. Ohne Beherrschung der Sprache ist es schwierig, aber keineswegs aussichtslos. Im Gegenteil kann es sogar eine Chance sein, sich dem Werkzeug Sprache auf ganz neue, eigene Weise zu nähern. 


Aufzuhören, weil Sie das Gefühl haben, alle anderen schreiben besser als Sie - das sollten Sie nicht tun. Ihre Geschichten kann niemand anderer erzählen als Sie. Eignen Sie sich die sprachliche Form an, die Ihnen fehlt! Bedenken Sie, das menschliche Gehirn ist grundsätzlich unbegrenzt lernfähig: man kann alles in jedem Alter lernen.


Ich möchte auch nicht schreiben, um veröffentlicht zu werden...

Ja, ja. Das sagen sie alle ;-) 


Aber es ist richtig, am Anfang nicht gleich an Veröffentlichung zu denken, sondern erst mal seinen Spaß mit dem Schreiben zu haben. Schließlich denkt man ja auch nicht vor der ersten Tennisstunde schon über Wimbledon nach, oder?


Ich bin jetzt fast 13 und schon drauf und dran, Bücher zu schreiben. Wenn ich jetzt mal angenommem mit 14 ein Buch mit 100-300 Seiten fertig habe,heißt das dann,das ich gut bin? Und kann ich das Buch dann schon einem Verlag vorstellen,oder bin ich noch zu jung dafür?

Es ist auf jeden Fall eine reife Leistung, denn viele Leute fangen zwar an, ein Buch zu schreiben, aber es sind wenige, die es dann auch bis zum Wörtchen "ENDE" schaffen. Sehr wenige. 


Ob Du Dein Buch einem Verlag vorstellen kannst, ist weniger eine Frage, ob Du zu jung bist, sondern ob das Buch sich dann auch eignet, veröffentlicht zu werden. 
Grundsätzlich unmöglich ist es nicht. Es gibt etliche Autoren, die sehr jung angefangen haben zu schreiben und auch zu veröffentlichen - Charlotte Link beispielsweise mit siebzehn Jahren, wenn ich da recht informiert bin. Und sicher hätte ein Verlag nichts dagegen, ein Buch einer noch jüngeren Autorin zu veröffentlichen - wenn es sich dafür eignet, vorausgesetzt. Denn das gäbe Schlagzeilen. 


Bloß ist es meistens so, daß, wenn man etwas zum ersten Mal macht, es noch nicht so recht gelingt. Wenn man zum Beispiel das erste Mal das Mittagessen für die ganze Familie kocht: Da brennen die Schnitzel etwas an, der Salat wird zu wässrig, die Kartoffeln sind leicht versalzen usw. Man kann es essen, aber so RICHTIG gelungen ist es nicht; da fehlt einfach die Erfahrung. Macht man es das fünfte, zwanzigste, hundertste Mal, dann ist es keine Frage mehr, dann flutscht es, und alles paßt zusammen. 


So ist es überall. Wenn man gerade den Führerschein gemacht hat, geht man nicht gleich zur Formel I. Nach dem ersten Fußballspiel kommt man nicht gleich zur Bundesliga. Nach dem ersten Auftritt im Schülertheater geht man nicht gleich nach Hollywood. Überall braucht man Erfahrung, alles erfordert, daß man eine Weile dabei bleibt und übt und alles lernt, was es zu lernen gibt. Auch, was das Schreiben von Romanen anbelangt. 
Ich habe auch in Deinem Alter angefangen zu schreiben, aber ich habe das, was ich geschrieben habe, lange Zeit nur im Freundeskreis herumgereicht: Immer erst einige Kapitel, bis zu einer Stelle, von der ich dachte, sie ist spannend - und dann habe ich geguckt, wie viele wirklich weiterlesen wollten. (Denn "ja ist toll" sagen ist einfach, und viele sagen das schon, wenn man bloß überhaupt irgendwelche Worte aufs Papier gebracht hat.) Mein erstes Buch veröffentlicht habe ich dann erst mit 35 - was ein bißchen spät ist, zugegeben - und erst, nachdem ich ca. 20 andere Romane geschrieben hatte, nur zur Übung. Wenn ich die heute lese, bin ich froh, daß sie NICHT veröffentlicht sind. 


Um Deine Frage zu beantworten: Sicher kannst Du Dein fertiges Buch einem Verlag vorstellen, ein "zu jung" gibt es nicht. Bloß sei darauf gefaßt, Absagen zu bekommen. Aber falls Du, wenn Du Deinen ersten Roman fertig hast, das Gefühl hast, daß er noch nicht so ganz gelungen ist, dann schreibe lieber erst noch einen zweiten.


Mein Freundeskreis und meine Freundin können mit dem Schreiben einfach nichts anfangen. Meine Mutter bezeichnet es als "ganz nettes Hobby" und mein Vater lacht darüber, daß ich kein Kaufmann werden will.

Alle diese Leute werden, wenn Sie es einmal geschafft haben, aller Welt voller Inbrunst erklären, daß "sie es schon immer wußten". Glauben Sie mir.


Doch bis dahin können noch einige Jahre vergehen, deshalb sollten Sie sich einen Beruf aussuchen, der Sie ernährt, Ihnen Zeit zum Schreiben läßt und in dem Sie sich so wohl wie möglich fühlen. Es ist für den Erfolg einer schriftstellerischen Karriere von elementarer Bedeutung, NICHT DARAUF ANGEWIESEN ZU SEIN! Wenn Sie nicht Kaufmann werden wollen, werden Sie etwas anderes. Idealerweise sollte es wenig mit Schreiben zu tun haben, damit Sie abends noch Lust haben, sich an die Tastatur zu setzen - also nicht Journalist oder dergleichen. Auch von einem Studium der Germanistik oder dergleichen möchte ich abraten.


Ich schreibe gelegentlich Kurzgeschichten, um mich auf die grosse Aufgabe des Romanes vorzubereiten, behalte Gedanken im Kopf, bilde Charaktere und will meinem Ziel endlich näher kommen.

Gut. Tun Sie das. Aber tun Sie es, indem Sie SCHREIBEN. Vom Denken allein kommt nichts. Solange man etwas bloß im Kopf hat, bleibt es unscharf, kommt einem vollkommen vor - doch Schreiben heißt, es in einen sprachlichen Ausdruck zu kleiden, der stets bedauerlich unvollkommen bleibt. Lediglich am Grad der Unvollkommenheit können wir arbeiten


Meine Tochter (14 Jahre) schreibt für sich Kurzgeschichten. Ich habe ihr der Vorschlag gemacht, sie solle sich an einen Verlag wenden. Gibt es Verlage die von Jugendlichen Kurzgeschichten annehmen und auch Rückantwort hinsichtlich der Güte geben?

Ich habe Ihr Mail nicht ohne Wehmut gelesen. Mein Vater war nämlich, als ich mit 12, 13 Jahren meine ersten kurzen Romänchen schrieb, auch ungeheuer stolz auf seinen Sohn und hätte mir, wenn er gekonnt hätte, auch umgehend einen Verlagsvertrag besorgt usw. Ich besitze meine Werke von damals natürlich noch, und wenn ich sie heute anschaue, bin ich in mehrfacher Hinsicht froh: erstens, daß sie NICHT veröffentlicht wurden - und zweitens, DASS ich damals schon angefangen habe zu schreiben. Heute lebe ich im Grunde davon, daß ich eine so lange Übungszeit im Schreiben hinter mir habe - und zwar, was die Anfänge anbelangt, in völliger Ungestörtheit! 


Ich bin überzeugt, daß Sie das Beste für Ihre Tochter wollen - welcher Vater wollte das nicht -, aber genauso überzeugt bin ich davon, daß Sie ihr und ihrer Liebe zum Schreiben wahrscheinlich nichts Schlimmeres antun könnten, als sie so früh hinauszustoßen in die Öffentlichkeit und in die harte Welt des Verlagswesens.


Denn sehen Sie, grundsätzlich spielt es im Verlagswesen keine Rolle, ob der Autor eines Buches 14 oder 114 oder irgendetwas dazwischen ist - was zählt, ist einzig und allein der Text auf dem Papier. Alles, was den Autor irgendwie heraushebt, ist jedoch interessant für die Marketingabteilung - und eine so junge Autorin wäre natürlich etwas Besonders. Insofern kann ich mir nicht vorstellen, daß irgendein Verlag ein Manuskript ablehnen würde mit dem Argument "Autor ist zu jung". Wenn etwas gut ist, ist es gut, Punkt. Allerdings ist es ein langer Weg, bis man so weit ist, gut zu schreiben. (Sie werden mir zustimmen, daß man als Vater da nicht objektiv sein KANN. Wäre auch schlimm!) Und dieser Weg braucht vor allem am Anfang Schutz, die Möglichkeit zu geradezu mutterleibshafter Versunkenheit und immer wieder Ermutigung.


Für mich war es damals eine Ermutigung, daß mein Vater das, was ich schrieb, GERN gelesen hat. (Daß ich es immer vorzeigen mußte, wenn Besuch kam, war eher gräßlich.) Es ermutigte mich, es auch an Schulfreunde zu geben, die es auch ganz gerne lasen. Einige fühlten sich angespornt, es mir gleichzutun, so daß sich für mehrere Jahre ein beflügelnder, kreativer Wettstreit ergab - meine wahrscheinlich wertvollste Lehrzeit überhaupt! In all der Zeit kam ich überhaupt nicht auf die Idee, mich an einen Verlag zu wenden. Das kam erst später, und es kam von selbst - da hat schon jeder seinen eigenen "eingebauten" Fahrplan. 


Wenn ich heute zurückblicke, dann wünsche ich mir wenig anders als es war. Eingehendere, unduldsamere Kritik hätte mir ab einem bestimmten Zeitpunkt gut getan - nach einigen Jahren des Schreibens, als ich eine gewisse Sicherheit gewonnen hatte in Bezug darauf, was ich konnte und was noch nicht. Was ich dringend gebraucht hätte, wäre der Hinweis gewesen, daß es nichts bringt, ein Dutzend Romane anzufangen und unfertig liegen zu lassen; daß einen nur abgeschlossene Sachen weiterbringen, selbst wenn sie schlecht sind. Und vielleicht wäre es ganz gut gewesen, zu besserer Lektüre ermuntert zu werden; vielleicht verbunden mit dem Hinweis, daß man auch das richtige LESEN lernen muß und daß "verschlingen" nicht die einzige Art ist, mit Büchern umzugehen. (Wobei ich nicht weiß, ob ich für diesen Hinweis ansprechbar gewesen wäre :-D) 
Was würde ich Ihrer Tochter raten wollen? Es nützt wenig, etwas über die Güte der eigenen Texte GESAGT zu bekommen, man muß lernen, es selber zu sehen. Das ist ein Lernprozeß: Anfangs hält man alles, was man schreibt, für toll. Dann hält man alles, was man schreibt, für schrecklich. Und dann erst fängt man an, Unterschiede zu erkennen: ein Absatz, der einem gelungen ist, ein Dialog, der noch hölzern klingt usw. 
LAUT VORLESEN ist einer der besten Lehrer - entweder anderen, oder sich selbst. Hinhorchen, wo der Lesefluß stockt, wo er holpert. Beim lauten Lesen "schmeckt" man die Worte besser, kann die Sätze besser fühlen. Ich mache es heute noch, und ich lerne immer noch dazu dabei. 


Gleichgesinnte suchen! An vielen Volkshochschulen gibt es Schreibkurse, und warum sollte man da nicht schon mit 14 mal hingehen? Im Internet gibt es Zirkel, in denen man sich über selbst geschriebene Texte austauschen kann, und da braucht niemand zu wissen, wie alt man ist. 


An Wettbewerben teilnehmen! Einen Literaturwettbewerb zu gewinnen, DAS ist eine Bestätigung, die etwas zählt. Auf www.uschtrin.de, bei www.autorenforum.de und an vielen anderen Stellen gibt es Übersichten, wo welche Wettbewerbe ausgeschrieben sind. 


Und vor allem anderen den Spaß an der Sache nicht verlieren. Alles andere fügt sich.


In der Schule kämpfte ich bis in die 12. Klasse gegen Deutschlehrer, die meines Erachtens nur wollten, das man was sie dachten in andere Worte verpackt, also umschreibt und bekam regelmässig Vierer. In der 13. Klasse bekam ich zum ersten Mal gesagt, das ich ein gewisses Talent besässe. Trotzdem weiss ich nicht so recht, was ich tun soll.

Nun, wie wäre es damit, einfach mal den ersten Roman zu schreiben? Sie brauchen ihn niemandem zu zeigen. Es kann der schlechteste Roman sein, den Sie je schreiben werden, egal. Die erste Herausforderung ist die Bewältigung der schieren Menge - 300, 400 Seiten zu schreiben, bis das Wörtchen Ende kommt. Das braucht Durchhaltevermögen, und das will trainiert sein. 


Was Ihre Deutschlehrer von Ihnen denken und was für Noten sie Ihnen geben, ist absolut ohne Belang.


Ich selbst habe vor eineinhalb Jahren angefangen (als Hobby) zu schreiben. Sicher mache ich mir keine Hoffnungen eines Tages ein Buch von mir im Buchladen zu entdecken. Trotzdem möchte man auch als Hobbyschriftsteller gut und einfallsreich schreiben. Mein Problem liegt nur darin, dass ich nebenher auch sehr viel lese. Deshalb habe ich auch bei allen Geschichten die ich schreibe das Gefühl sie irgendwie von anderen Autoren zumindest teilweise zu kopieren. Die Idee an sich bildeten dann den Grundstein für meine eigene Geschichte, ob nun bewusst oder nicht. Das stört mich zunehmend. Daher habe ich mich schon lange gefragt, wie es richtige Schriftsteller fertig bringen, sich immer wieder etwas Neues einfallen zu lassen. Wie schaffen sie es sich nicht durch andere Geschichten beeinflussen zu lasse?

Das ist einfach Übungssache. Sie schreiben seit eineinhalb Jahren - das ist noch nicht lange. Im Lauf der Zeit wird sich dieses Phänomen verlieren, wenn Sie sich sozusagen "freischwimmen" mit Ihrer Phantasie. Aber durch diese Phase des Kopierens und Imitierens muß man hindurch: man schafft dabei zwar keine originellen Werke, doch man lernt enorm viel über das Schreiben. Nicht wahr, wenn Sie eine Lehre als Möbeltischler machen, müssen Sie auch zuerst jahrelang Tische und Stühle kopieren, die andere gemacht haben, weil es erst einmal darum geht, daß Sie lernen, wie man Zapfen und Schwalbenschwänze macht, wie man lackiert und furniert usw. Der Stuhl nach eigenen Plänen kommt erst viel, viel später. 


Der einzige "Trick" ist also: Weiterschreiben. Und Spaß dabei haben.


Ich hatte mal einer Frau gesagt, dass es mein Traum ist, Schriftsteller zu werden. Sie meinte darauf hin zu mir : "Meine Freundin hat es auch mal probiert und es ist sehr schwer, Schriftsteller zu werden." Ich solle es vergessen.

Auf solche Leute soll man ja nun mal überhaupt nicht hören. Bloß weil die selber nichts auf die Reihe kriegen, versuchen sie andere runterzuziehen. Klar ist es schwer. Auch den Mount Everest zu besteigen ist schwer. Trotzdem macht es jede Woche jemand. Und es gibt ja Schriftsteller, oder? Also kann es nicht unmöglich sein.


Ich bin nur ein kleiner Schreibamateur und habe meine erste Kurzgeschichte geschrieben. Bin nun ganz unverfroren und frage Sie, an wen kann ich sie betreffend einer Beurteilung schicken?

Hauptsache nicht an mich... :-)


Nein, im Ernst: An Verlage o.dgl. zu schicken hat wenig Zweck. Die erste Kurzgeschichte ist in der Regel so gut wie das erste Schnitzel, das man im Leben macht: Man ist stolz drauf, aber es schmeckt, wenn man ehrlich ist, doch nicht wie bei Muttern. Wenn Sie mal fünfzig oder hundert Kurzgeschichten geschrieben haben, dann sieht es schon anders aus. 


Was tun? 


Suchen Sie sich eine Schreibgruppe. Sprich, eine Gruppe von Leuten, die alle Schreiben lernen wollen. Gab es früher häufig an Volkshochschulen (als "Kurs" getarnt), gibt es heutzutage natürlich auch im Internet - Tauschringe per Email usw., Autorenforen usw. Prinzip: Jeder schreibt was, jeder sagt was zu dem, was die anderen geschrieben haben. Man tauscht sich aus, reibt sich aneinander, motiviert sich ("pah, das kann ich besser als der/die!") und lernt dazu. 


Alternative - wenn Sie professionelle Gegenüber wollen - wäre, einen der Schreibkurse der Axel Andersson Akademie in Hamburg zu machen. Das kostet natürlich was, aber man wird ganz gut betreut, hat einen persönlichen Lektor usw. 


Dann gibt es das weite Feld der Kurzgeschichten-Wettbewerbe, wo man sich tummeln kann. Googeln Sie mal!


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