Allerlei über Genres und Märkte



Es scheint viele Autoren zu geben, die nicht wissen, was Buchhandlungen oder Büchereien sind und die selber auch keine Bücher besitzen. Anders kann ich mir nicht erklären, daß ich fortwährend nach Dingen gefragt werde, die ein simpler, etwas ausgedehnterer Besuch in einer Buchhandlung beantworten würde: Wie lang ein durchschnittlicher Roman in dem und dem Genre ist, beispielsweise: Hingehen, nachsehen!

Auch für die Frage "Welches ist der geeignete Verlag für meinen Roman im Genre soundso?" gilt: Hingehen, nachsehen – welche Verlage bringen Bücher heraus, die so ähnlich sind?



Muß ein junger Autor unbedingt Romane schreiben oder sehen Sie auch Chancen für Kurzgeschichten?

Ein junger Autor muß zunächst mal gar nichts. Allenfalls muß er sich klar machen, daß es in Deutschland wahrscheinlich mehr Leute gibt, die Kurzgeschichten schreiben, als solche, die auch welche lesen. Das ist so wie mit Gedichten - wenn jeder, der Gedichte schreibt und nach Möglichkeiten sucht, sie zu veröffentlichen, auch selber regelmäßig Gedichtbände kaufen und lesen würde, wäre Lyrik der größte Markt der Belletristik, und zwar mit Abstand. Ist er aber bekanntlich nicht. Was bedeutet, daß die Gedichtschreiberei ein Ego-Trip ist: man will den anderen seine Ergüsse aufdrängen, basta. Und was Kurzgeschichten anbelangt, ist dahinter die treibende Kraft häufig die, daß man damit eben so schön schnell fertig ist. Mit anderen Worten, wenn ich von jedem fünf Euro bekäme, der Kurzgeschichten schreibt aus dem Grund, daß er sich einen Roman nicht zutraut, wäre ich ein reicher Mann. Und ein Roman ist, wenn man noch keinen geschrieben hat, ein furchteinflößendes Projekt, das muß man ganz klar sehen. Hunderte von Seiten, und auf jeder kann alles schiefgehen - das ist wie die Ersteigung der Eiger-Nordwand. Es wäre unnatürlich, keine Angst zu haben. Der Punkt ist, trotz der Angst zu handeln.

Deshalb als generelle Regel, daß man nur schreiben sollte, was man auch wirklich selber gern liest. Nur das kann man auch authentisch schreiben.

Wobei sich Kurzgeschichten natürlich gut eignen, um zu üben, und manchmal entstehen auch schöne Sachen, und manchmal kann man auch eine veröffentlichen. Ganz klar. Aber eine schriftstellerische Karriere kann man meines Erachtens nicht darauf aufbauen, jedenfalls nicht mehr heutzutage und nicht hierzulande.


Ist der Markt für Deutsche SF-Autoren wirklich so schlecht wie behauptet wird oder liegt es eher an der Qualität der einheimischen Schriftsteller, dass so wenig deutsche SF veröffentlicht wird?

Zu dieser Frage könnte jemand wie Wolfgang Jeschke oder Sascha Mamczak sicher mehr sagen. Aus meinen Gesprächen mit den beiden höre ich heraus, daß zumindest zur Zeit der Markt für SF generell schlecht ist, egal ob von deutschen oder ausländischen Autoren. Daß so wenig SF von deutschen Autoren veröffentlicht wird, liegt einerseits daran, daß viele altgediente amerikanische SF-Autoren zum Beispiel eine treue Fangemeinde haben, sprich, daß man mit sicheren Absätzen rechnen kann, während ein neuer deutscher SF-Autor eher als verlegerisches Risiko einzustufen ist. Was wiederum wohl damit zusammenhängt, daß in der Wahrnehmung des Publikums heute deutsche SF-Romane meistens nicht mit der internationalen Konkurrenz mithalten können, was Stil, Sprache und allgemein Handwerkliches anbelangt. Zumindest schließe ich das daraus, daß viel von dem Lob, das ich für meine eigenen SF-Romane geerntet habe, so formuliert wurde: "Braucht keinen Vergleich mit amerikanischen Autoren zu scheuen!" Mit anderen Worten, ich wurde als Ausnahmeerscheinung betrachtet, während die amerikanische SF nach wie vor das Maß aller Dinge ist.


Ich schreibe keine reine Science-Ficition, eher Fiction Fantasy.

Gut. Wenn Ihr Buch sich wenigstens entfernt als Fantasy anbieten läßt, tun Sie das. Fantasy läuft um Größenordnungen besser als SF.


Was halten Sie von Empfehlungen, die 'Erfordernisse des Marktes' betreffend?

Ein Newcomer muß sich an das halten, was üblich ist, und BESSER sein als das, was üblich ist.

Das sage nicht ich, sondern das ist die Quintessenz mehrerer Gespräche mit verschiedenen Lektoren. (Bevor mein erster Roman bei Schneekluth angenommen wurde, hatte ich Kontakt mit einigen Verlagen, deren Lektoren eine Veröffentlichung zumindest in Erwägung zogen, sich aber dann nicht ganz dazu durchringen konnten.)


Wer für einen bestimmten Markt schreibt, ist eher eingeschränkt durch Regeln, wie so ein Buch auszusehen hat, denke ich.

Dasselbe wie beim Blues-Schema: sind Regeln Stützen oder Einschränkungen? Hilfen oder Störungen? Leitlinien oder Anleitungen zur Gedankenlosigkeit? Das hängt doch von dem ab, der sie anwendet. Man kann Einschränkungen auch als Herausforderungen betrachten, und genau das ist es ja, was in vielen Genres heute passiert.

Es gibt Muddy Waters und Jimi Hendrix. Der eine macht nix anderes als Blues nach dem Lehrbuch, der andere rennt ständig gegen die Bluesform an, dehnt sie, zerfetzt sie in der Luft. Aber beide machen gute Musik! Ist das nicht verrückt?


Warum ist ein Hardcover besser als ein Taschenbuch? Die Dinger sind doch meist fuer den Durchschnittskaeufer eher zu teuer und zu klobig, waehrend man Taschenbuecher leichter überall bekommen kann. Aber ich vermute, das haengt mal wieder irgendwie mit Honoraren und Prestige-Fragen zusammen.

Genau. Ein Hardcover wird von "der Kritik" beachtet, ein Taschenbuch nicht. Es ist eine Prestige-Frage. Ich denke, auf lange Sicht wird das traditionelle Hardcoverbuch allerdings verschwinden, zumindest im Belletristik-Markt, weil die Generation, die Romane im Hardcover kauft, ausstirbt.


Sie haben ja bereits erwähnt: viele fühlen sich berufen. aber auf 10 dichter kommt ein leser.

Ja, meiner Ansicht nach ist das Schreiben von Gedichten bei 99,999% aller Leute eine zwar unausweichliche, aber vorübergehende Phase - sowas wie ein Frühjahrsschnupfen. Natürlich gibt es trotzdem wirkliche Dichter - aber jemand muß schon sehr viel Engagement, Ausdauer und Talent (letzteres zu beurteilen traue ich mir allerdings nicht zu) zeigen, ehe ich glaube, daß er dazu gehört.


Lässt sich autobiographische Literatur vermarkten?

Ja, sicher. "Die Asche meiner Mutter" war ein autobiographischer Roman und einer der größten Welterfolge der letzten Jahre.


Seit zwei Jahren schreibe ich an einer Autobiographie und bin endlich fertig

Gestatten Sie mir die Frage, warum Sie glauben, daß Ihre Autobiographie andere Leute interessieren könnte?

Es gibt einen Satz eines amerikanischen Autors, der sagt: "Jeder trägt eine Geschichte in sich, die niemanden außer ihm selbst interessiert - seine eigene." Wenn man mit Lektoren über unverlangt eingesandte Manuskripte redet, erzählen sie einem unweigerlich, wieviel Tonnen Autobiographien von Oberlehrern oder Weltkriegsteilnehmern sie schon in Rücksendecouverts tüten mußten.

Sprich, man muß schon etwas wirklich Außergewöhnliches erlebt haben, damit ein Verlag sich für eine Autobiographie interessiert. Oder, anders herum: Vermeiden Sie es bei der Verlagssuche nach Möglichkeit, Ihr Werk als Autobiographie anzubieten - das ist ein Anti-Verkaufs-Argument. Nennen Sie es "die Geschichte einer Frau, die drei Monate in Geiselhaft überlebte" oder "eine Liebesgeschichte, die exemplarisch ist für das Verhältnis der Geschlechter im 21. Jahrhundert" oder sonstwie - aber nicht "meine Autobiographie": Dieses Wort läßt die Hand des prüfenden Verlagsmitarbeiters quasi automatisch nach dem Ablehnungsformschreiben zucken.


Wie kann man so etwas am besten anpacken, das autobiographische Schreiben. In welcher Hinsicht bietet es sich an, semi-autobiographisch zu schreiben? Worin liegen die Unterschiede?

Mir ist nicht ganz klar, worin Sie den Unterschied sehen. Autobiographische Romane sind etwa die von Henry Miller - er beschreibt sein Leben, Punkt. Sobald man anderes tut, fließen natürlich unweigerlich immer noch die eigenen Erfahrungen in das Geschriebene ein, aber es ist eben zum Teil erfunden. Das ist aber auch in Ordnung. Das Wichtigste an einem Roman ist, daß er etwas "rüberbringt", in Ihrem Fall, den Leser an Ihren unglaublichen Erfahrungen teilhaben läßt.


Inwiefern muss ich beim autobiographischen Schreiben auf die Namensrechte und den Schutz einzelner Äußerungen von Personen Rücksicht nehmen? Müssen Namen verändert werden?

Oh, das ist ein weites und heikles Gebiet. Verläßlich kann Ihnen da auch nur ein Anwalt Auskunft geben. Wenn Sie jemand verklagt, kann er das entweder tun, weil Sie ihm etwas in den Mund legen, das er NICHT gesagt hat - dann ist das "üble Nachrede" und "Rufschädigung" und was weiß ich -, oder Sie geben etwas wieder, das er TATSÄCHLICH gesagt hat, dann ist das "Verletzung der Privatsphäre" oder so. Kitzlig, nicht wahr? Es ist immer besser, wenn die Figuren eines Romans in Wirklichkeit nicht existieren. Wenn Sie reale Personen schildern, reicht es NICHT, ihnen andere Namen zu geben; wenn diese nachweisen können, daß nur sie gemeint sein können, wird's haarig.

Wenn Sie vor Veröffentlichung das Einverständnis der Betreffenden einholen - schriftlich! -, dann sollten Sie auf der sicheren Seite sein. Aber wie gesagt, das ist meine laienhafte Meinung; die genaue Rechtslage kenne ich auch nicht.


Es würde mich interessieren, für welches Gerne Sie persönlich auf dem deutschen Buchmarkt das breiteste Publikum oder auch die erfolgreichste Zukunft sehen.

Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Ich tue mich mit diesen ganzen Genres unendlich schwer. Wenn Sie mal was von mir lesen, werden Sie sicher sehen, daß ich mich ständig zwischen den Genregrenzen verhasple.


Gibt es Richtlinien, wie viele Seiten ein Buch mindestens/maximal umfassen sollte oder, wenn man einen Kurzgeschichtenband schreibt, wie viele Geschichten es sein und wie lang jede einzelne sein sollte?

Nein. Das dürfen Sie machen, wie Sie es für richtig halten.

Es gibt allerdings Seitenzahlen, die üblich sind, und solche, die unüblich sind - ein einfacher Blick in die Buchhandlungen genügt. Die meisten Romane haben zwischen 300 und 400 Seiten; Krimis im Schnitt etwas weniger, historische Romane im Schnitt deutlich mehr. Romane mit unüblicher Seitenzahl (kleiner 200 oder größer 800) sind deutlich schwerer zu verkaufen.

Für Kurzgeschichtensammlungen gilt vor allem, daß Sie als Nachwuchsautorin schon sehr, sehr, sehr gut sein müssen, um als erstes Buch eine solche publizieren zu können; und eigentlich auch nur im hochliterarischen Bereich. Judith Herrmann fällt mir als Beispiel ein, und dann schon niemand mehr.

Die innere Aufteilung - ob viele kurze oder wenige lange Stories - ist absolut Ihnen überlassen.

Im Moment schreibe ich an meinem ersten Roman, welcher von einem Menschen handelt, der im 2. Weltkrieg etwas getan hat, was mich einfach fasziniert. Ich versuche aber nicht eine Autobiographie zu schreiben, sondern die Umstände und beteiligten Personen neu zu erfinden, um es wie einen Krimi zu gestalten. Der Rest, wie die Tat an sich und die Zeit und Umgebung, stimmen überein, d.h. Wahrheit und Fiktion sind vermischt. Meine Frage lautet nun: Wäre das eher ein Kriterium, diesen Roman abzulehnen?

Nein. Jack Higgins hat so etwas laufend gemacht und Weltbestseller damit geschrieben. ("Der Adler ist gelandet" und andere.) Generell ist diese Vermischung von geschichtlichen Tatsachen und Fiktion ein Hauptmerkmal historischer Romane, und historische Romane sind ja hierzulande oft große Erfolge. Wenn es sich bei besagter Person um eine Figur der Zeitgeschichte handelt (und nicht um, sagen wir, die Schwiegermutter Ihres Klassenkameraden), ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn man sie erkennt; bekannte Persönlichkeiten müssen mit so etwas leben.


In welches Genre kann man eigentlich Romane einordnen, die nur wenige Jahre in der Zukunft spielen und ansonsten keine ausgeprägten Science-Fiction-Elemente enthalten?

In kein besonderes, das sind einfach Romane. "Zukunft" bedingt nicht automatisch "Science Fiction". Der Begriff "Science Fiction" beinhaltet "Science", also Wissenschaft, weswegen zu fordern ist, daß wissenschaftliche Aspekte für eine Geschichte eine tragende Rolle spielen müssen, damit sie als Science-Fiction gelten. (Das trifft auf viele als Science-Fiction veröffentlichte Romane nicht zu: Star Trek & Co. sind eigentlich "Soap Operas" im Weltraum, und ihre Autoren sind naturwissenschaftlich oft erschreckend unbeleckt.)

Wobei ich gestehen muß, daß ich die Einordnung in Genres mit Vergnügen und Erleichterung den Verlagen überlasse. Genres, das sind Krimis, SF, Horror, Thriller, Historischer Roman - kurz gesagt literarische Kategorien, die durch bestimmte Konventionen geprägt sind, also einerseits Erwartungen der Leser, andererseits Voraussetzungen, von denen der Autor als gegeben ausgehen kann. Stützkorsette für Geschichten, sozusagen. Im Krimi weiß man, daß ein Verbrechen eine Hauptrolle spielen wird; im normalen Roman weiß man es nicht. Deswegen muß der Autor mehr leisten; er muß nicht nur schildern, sondern auch noch vermitteln, welche Bedeutung ihm im Gesamtzusammenhang zukommt.


Können Sie mir noch sagen wenn man Gruselgeschichten oder Horrorromane schreibt welche Verlage darauf spezialisiert sind. Oder kann man das überall anbieten?

Nur, wenn man zuviel Geld für Porto hat.

Ansonsten: Überlegen Sie doch mal selber. Sie brauchen nur in die nächste Buchhandlung, Bücherei oder an Ihr eigenes Bücherregal zu gehen, nach Büchern zu suchen, die so ähnlich sind wie das, was Sie vorhaben, und nachschauen, von welchen Verlagen sie stammen.

Was sich für Sie außerdem lohnen würde: Sich ein bißchen genauer mit Kommasetzung usw. zu befassen. Einen Text, in dem wie in Ihrem Mail alle Kommata, Fragezeichen usw. fehlen, liest kein Verlagslektor weiter als bis zum zweiten Absatz.


Kann man davon leben, für eine Heftroman-Serie zu schreiben?

Kommt völlig auf die Schreibgeschwindigkeit an, die man an den Tag legt. Für einen Heftroman (das sind ca. 100 Manuskriptseiten) werden, was ich so gehört habe, so zwischen 800 und 1200 Euro gezahlt.


Ich frage mich, wie ich es schaffen könnte, ohne bisherige Veröffentlichung, bei einer Heftroman-Serie mitzuwirken (muss nicht Perry Rhodan sein). Wie kann ich diesbezüglich einen Verlag auf mich aufmerksam machen, ohne dabei aufdringlich zu wirken?

Heftromanverlage suchen im Grunde immer Autoren. Sie können da einfach anrufen und fragen, ob aktuell Bedarf besteht, und natürlich sollten Sie auf Nachfrage imstande sein, etwas vorlegen zu können, von dem der zuständige Redakteur sagt, "jo, paßt". Literarische Ambitionen usw. darf man da nicht raushängen; für die meisten Heftromanserien gibt es ganz klare Autorenvorgaben, was in einem Heft vorkommen darf/muß/nicht sein darf. In Liebesromanen für Frauen etwa dürfen meist keine Sexszenen geschildert werden, es bleibt bei Küssen und keuschem Erröten, während bei der Westernserie "Lassiter" mindestens ein Koitus pro Roman Vorschrift ist. Und so weiter.


Gibt es für einen "Nachwuchsschreiber" überhaupt den Hauch einer Chance, bei einer Heftromanserie mitzuwirken?

Es ist richtig, daß die meisten Verlage die Zusammenarbeit mit erfahrenen Autoren vorziehen, doch es hat andere Gründe, als Sie denken. Die wichtigste Eigenschaft, die ein Heftromanautor glaubhaft machen muß, ist die, DASS ER PÜNKTLICH ABGEBEN WIRD. Sie müssen für einen Heftroman ca. 100 Seiten Romantext fertigstellen innerhalb von 6-8 Wochen. Wenn Sie das können, werden Sie auch ins Geschäft kommen, sofern das, was Sie schreiben, zumindest minimalen Anforderungen an Qualität standhält.

Die meisten Nachwuchsautoren kriegen angesichts dieser Forderung einen Herzkasper. Weil sie für 100 Seiten 6-8 MONATE zu brauchen glauben, und selbst wenn man ihnen soviel Zeit einräumen würde, wären sie sich nicht sicher, pünktlich abgeben zu können. Für eine Heftromanserie ist die pünktliche Abgabe aber das ALLES entscheidende Kriterium! Am Tag X muß das Heft am Kiosk sein, sonst kommt alles durcheinander. Und es dürfen keine leeren Seiten drin sein.


Muss man als Heftroman-Autor sehr schnell schreiben können?

Empfiehlt sich. Je schneller, desto besser. Jason Dark, der Autor der Romanheftreihe "John Sinclair", schreibt jede Woche einen Heftroman und nebenbei ein Taschenbuch pro Monat. Macht summa summarum an die 700 Seiten pro Monat. Reife Leistung, oder? Es gibt Autoren, die schaffen so ein Pensum in zehn Jahren nicht.


Welches Genre kann ein unbekannter Autor am besten einem Verlag anbieten? Thriller, Krimi? Phantasie? SF scheint ja zwecklos, oder?

Sie können sich nicht aussuchen, was Sie schreiben können. Sie müssen ein GUTES Buch anbieten - spannend, bewegend, gut geschrieben; ein Buch, das dem Leser ein unvergleichliches Leseerlebnis beschert. Wenn Sie das hinkriegen, ist das Genre völlig egal.

Andersherum gesagt: Statt über Genres und Verlage nachzudenken, versuchen Sie herauszufinden, was Ihnen am besten liegt. Und schreiben Sie das. Sie müssen nach der Spitzenleistung streben, nicht nach einem Platz im Mittelfeld.


Ich höre sehr oft, dass SF ein eher mauer Markt ist. Wenn ich aber eine "Mainstream" - Buchhandlung betrete, ist das SF-Regal fast immer in der allerbesten Position!

Sie gehen eindeutig in andere Buchhandlungen als die, die ich kenne.


Was halten Sie von mehrteiligen Romanen?

Ein Roman muß mir zunächst mal gefallen, dann ist es mir egal, ob er aus mehreren Teilen besteht oder nicht. Für einen Jungautor empfiehlt es sich, mit einem Einzelwerk anzufangen, da dessen Veröffentlichungschancen größer sind. Besonders zur Zeit herrscht ein Überangebot an Trilogien und anderen -logien.


Kann es sein, dass der SF Markt einfach ein ganz eigenwilliger ist, da er eine der letzten Bastionen der "lesbaren" Belletristik-Philosophie darstellt?

Eigenwillig ist er zweifellos, warum auch immer. Es ist vor allem ein weitgehend abgeschotteter Markt. Sprich, Leute, die SF lesen, lesen in der Regel sonst nichts, und Leute, die normale Literatur lesen, lesen in der Regel keine SF. Da ist eine ganz hohe Mauer, und wenn mal ein SF-Roman aus Versehen in eine allgemeine Reihe rutscht, kann es sein, daß er von den SF-Fans dort übersehen wird.


Erleichtert es den Einstieg in den amerikanischen / englischsprachigen Buchmarkt, wenn man Amerikaner als Protagonisten verwendet?

Das kann man vergessen, für einen Autor deutscher Zunge ist der deutsche Buchmarkt der entscheidende. Amerikanische und englische Verleger sind es sowieso nur gewöhnt zu EXportieren und zeigen generell wenig Interesse an ausländischen Autoren.


Letzlich kommt es ja seltener auf das Produkt an als auf die Verkaufsstrategie. Ist zwar ein Armutszeugnis für die Gesellschaft, aber so ist es.

Glauben Sie, Shakespeare hat nur nach hoher Kunst gestrebt? Weit gefehlt. Er wollte volle Häuser und volle Kassen, Punkt.

Im übrigen ist das ein Irrglaube. Wenn Sie eine tolle Verkaufsstrategie, aber ein beschissenes Produkt haben, sind Sie auch bald pleite.

Ich wüßte gern, ob ich meine Geschichte als SF- oder als Fantasy-Projekt zu verstehen habe. Was ist der Unterschied?

Wenn es naturwissenschaftlich begründet ist (selbst unter Zuhilfenahme bislang unentdeckter wissenschaftlicher Prinzipien, z.B. Hyperraum usw. ), dann wird es allgemein als SF betrachtet. Fantasy ist es, wenn Phänomene MAGISCH begründet werden.

Letztendlich ist die Einordnung in solche Kategorien aber eine Marketingüberlegung des Verlags, von daher brauchen Sie sich da den Kopf nur bis zu einem gewissen Grad zu zerbrechen.


Verlage scheinen Kurzgeschichten und Anthologien zu meiden wie die Pest. Ist das richtig und kann es sein, daß man Kurzgeschichten, es sei denn man heißt Stephen King, überhaupt nicht in Buchform verkaufen kann?

Genauer gesagt sind es vor allem die Leser und Buchkäufer, die Kurzgeschichtenbände meiden wie die Pest. Sogar die Short Story-Sammlungen von Stephen King erwirtschaften nicht wirklich Gewinn, und das, obwohl King ein begnadeter Kurzgeschichtenschreiber (kann er fast besser als Romane, IMHO) und außerdem eben STEPHEN KING ist.

Kein Wunder also, daß Verlage bei Kurzgeschichten eher abwinken.

Ich habe mir so beholfen, daß ich mein erstes Buch, "Die Haarteppichknüpfer", ebenfalls im Grunde eine Kurzgeschichtensammlung, als Roman getarnt habe :-) und schon lief's...


Hat deutsche SF eine Chance auf dem Markt und wenn ja, welche Verlage nehmen sich deutscher SF-Nachwuchsautoren an?

Das Beispiel von Autoren wie z.B. H. D. Klein oder Michael Marrak zeigt, daß deutsche SF sehr wohl eine Chance auf dem Markt hat. Tatsächlich sind alle Verlage grundsätzlich sehr interessiert an SF von deutschen (bzw. deutschsprachigen) Autoren, da der angloamerikanische Sprachraum mittlerweile weitgehend abgegrast ist, die Lizenzforderungen von dort exorbitante Höhen erreichen und es - da die meisten Leute nun mal nur Englisch als Zweitsprache beherrschen - schwierig ist, im nichtenglischen Ausland gute Romane ausfindig zu machen. Das Problem ist nur, daß die wenigsten Roman deutscher Autoren etwas taugen. Ich hielt diese Feststellung, die man oft von Lektoren hört, lange auch für eine Schutzbehauptung, habe aber inzwischen einiges zu sehen bekommen und muß sagen: es stimmt. Die meisten sogenannten "SF-Romane" sind nur aus Versatzstücken aus Star Trek und dergleichen zusammengequirlte, sprachlich schlampige und langweilig zu lesende Elaborate, die es nicht wert sind, daß dafür Bäume sterben.

Die Antwort auf Ihre Frage lautet: Ja, deutsche SF hat eine Chance, eine gute sogar, aber es muß sich um Romane handeln, wie es sie NOCH NICHT gibt, sie müssen sprachlich-handwerklich zumindest in Ordnung sein und einigermaßen interessant. Dann haben Sie Chancen bei jedem Verlag, der SF herausgibt.


Finden Sie auch, dass zur Zeit die Tendenz zu eher kurzen Buchtiteln besteht? Obschon man ja da als Autor nicht so viel Einfluss darauf hat und ein Buch- Titel wohl zu 99 % vom Verlag vorgegeben wird. Auf der anderen Seite denke ich wieder, dass zum Beispiel bei poetischen Werken auch ein etwas längerer Titel Programm sein kann (Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins....)

Ich muß gestehen, daß ich, was Buchtitel anbelangt, keine Trends auszumachen imstande bin. Grundsätzlich denke ich, daß ein guter Titel ein Buch verkaufen kann, und zwar nicht nur an den Leser, sondern auch an den Verlag! Selbst wenn man davon ausgeht, daß der Verlag beim Titel ein Wörtchen mitredet (übrigens nicht zu 99%, ein Verlag muß Sie als Autor schon überzeugen, zuzustimmen, denn ohne Ihre Zustimmung darf er den Titel ebensowenig ändern wie irgendeinen anderen Teil Ihres Werkes! - Wobei das Argument "es wird sich so besser verkaufen" schon ziemlich stark ist...), ist es deshalb sinnvoll, sich da gründlich Gedanken zu machen. Ein genialer Titel wie "Schnee der auf Zedern fällt" verkaufte einen ansonsten nicht weiter bemerkenswerten Krimi, und in einen Umschlag mit dem Titel "Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überallhin" hätte man im Grunde fast jedes Buch einpacken können, es wäre ein Seller geworden.


Weiterführende Tipps zur Gestaltung von SF-Romanen interessieren mich, falls es dergleichen gibt.

Da könnte man Bücher dazu schreiben; tatsächlich sind auch schon Bücher dazu geschrieben worden - leider nur auf Englisch erhältlich: gucken Sie mal bei Writersdigest.com nach. Das ist ein Verlag, der Bücher übers Schreiben herausgibt und eine Zeitschrift, die sehr gut ist - ich hatte sie auch jahrelang abonniert.

Zwei grundsätzliche Ratschläge:

Erstens - ein SF-Autor, der nur Star Trek guckt und Perry Rhodan liest, wird nie etwas Gescheites zuwege bringen. Es ist elementar wichtig, über den Tellerrand hinauszugucken und viel zu lesen, das NICHT SF ist. Und keine Angst (aber auch keine übertriebene Ehrfurcht) vor den Klassikern!

Zweitens: Ein SF-Roman ist in erster Linie ein Roman; es gelten für ihn die gleichen Anforderungen hinsichtlich sprachlicher Gestaltung wie für jeden anderen Roman auch. Da gibt es mittlerweile auch erfreulich viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden, die man nutzen sollte. Daß es bei SF von deutschen Autoren in erster Linie an der Sprache hapert, heißt mit anderen Worten, daß man nur ein bißchen besser als ganz schlecht sein muß, um sich schon positiv abzuheben. 




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